Dampfmaschine

Geschichte, Funktion und Bedeutung der Dampfmaschine Nr. 7

Geschichte
1911 Bau des Dampfmaschinengebäudes, des Kesselhauses und Auftrag an die Ascherslebener Maschinenbau AG vormals Schmidt & Co. zum Bau einer Heißdampfmaschine
1911 Bau der Heißdampfmaschine mit der Werksnummer 671 nach dem Patent von Wilhelm Schmidt in der Ascherslebener Maschinenbau AG mit nachfolgenden technischen Parametern:

Baujahr 1911
Maschine Nr.7
Grundfläche 20m x 6m
Hochdruckzylinder Ø 750mm
Niederdruckzylinder Ø 1142mm
Kolbenhub 1300mm
Schwungrad Ø 6800mm
Schwungmasse 120t
Leerlaufdrehzahl 90 U/Min.
Lastdrehzahl 73 U/Min
Dampfdruck 14 atü
Dampftemperatur 300°C
Leistung 1500 PS

1912 Mit der Inbetriebnahme des Blockwalzwerkes ist die Modernisierung der Metallurgie im Eisenhüttenwerk Thale abgeschlossen. Seit Gründung der Aktiengesellschaft 1872 ist ein Großbetrieb mit Siemens-Martin-Stahlwerk, mit Blockwalzwerk, mit Blechwalzwerken, mit Stanz –und Emaillierwerk, Behälter- und Apparatebau und Gießerei entstanden, in dem 4.600 Menschen beschäftigt sind.
1912 Produktionsbeginn des neuen Blockwalzwerkes in einer Halle von 100 m Länge und 31 m Breite mit einer 800er Blockstraße und Dampfmaschinenantrieb.
1942 Abkoppelung der Nassluftpumpe von der Dampfmaschine und Antrieb mit einem Elektromotor.
1963 Das eigene Blockkesselhaus wird stillgelegt und der benötigte Heißdampf durch das zentrale Kesselhaus mit Ölheizung zur Verfügung gestellt.

1972 Nach der Feststellung eines Haarrisses an der Hauptwelle muss das Schwungrad mit der Hauptwelle erneuert werden. In Zusammenarbeit von Technischer Hochschule Magdeburg, dem SKET Magdeburg mit den Fachkräften des Maschinenbaus des EHW Thale entsteht das neue Schwungrad. Der Durchmesser des Schwungrades wird von 8,00 m auf 6,80 m verkleinert, so dass die Masse auf 96 t erhöht werden muss. Das Gesamtgewicht mit Hauptwelle beträgt 120 t.
1977 Im Mai entsteht ein Riss im Dampfüberströmkanal am Niederdruck-Zylinder. Der Schaden kann durch den Einsatz eigener Technik behoben werden.
Alle Versuche, einen alternativen Antrieb einzusetzen, schlagen fehl. Die Technik ist so ausgereift, dass sie 80 Jahre Bestand hat.
1990 Am 11. September werden das Blockwalzwerk und die Dampfmaschine stillgelegt.

Funktion

Über eine Kammwalze (Getriebe) trieb die Dampfmaschine eine Blockwalzstraße mit einem Trio als Vorwalzgerüst, einem Trio als Fertigwalzgerüst und einem Duo als Polierwalzgerüst an. Aus vor geglühten Stahlblöcken entstanden als Endprodukt der Blockwalzstraße Platinen (Zwischenstufe zum Blech). Die Blockwalzstraße war für eine Leistung von ca. 100 000 t pro Jahr konzipiert mit Blockgewichten von etwa 1 t. Die Walzstäbe hatten eine Breite von 300 mm bei einer Stärke von 6,5 mm bis 40 mm. In den 70er Jahren wurden in Thale über 300 000 t Platinen pro Jahr gewalzt. Das waren durchschnittlich 830 t pro Tag oder 35t stündlich.

Bedeutung der Dampfmaschine Nr. 7

Die Schmidtsche Heißdampfmaschine von 1912 ist einzigartig in Sachsen-Anhalt und ein herausragendes Industriedenkmal des 20. Jahrhunderts. Heute noch sind das Dampfmaschinengebäude und die Dampfmaschine am originalen Standort erhalten. Außergewöhnlich ist, dass die zweizylindrige und 1.500 PS starke Dampfmaschine mit Fliehkraftregler, die nur in eine Richtung wirkt, fast 80 Jahre als Antriebsmaschine in der Schwerindustrie diente und erst am 11. September 1990 im voll funktionsfähigen Zustand stillgelegt wurde. Bis dahin hatte sie durchgehend im Drei – Schicht – System gearbeitet, unterbrochen nur von einer Großreparatur im Jahr.

Chronologie der Sicherung, Rekonstruktion, Restaurierung und Reaktivierung

1992 Das 1. Projekt, die Dampfmaschine museal zu zeigen, scheitert an der Finanzierung. Im Ergebnis der Abriss – und Sanierungsarbeiten steht das Dampfmaschinengebäude als Einzelgebäude auf der sanierten Fläche. Wertvolle Bestandteile wie die Kammwalze und die Walzgerüste sind verloren.
1999 Begehung des Objektes mit Vertretern der Schunk GmbH, des BTZ und des Geschichts- und Hüttenmuseumsvereins Thale a.H.e.V.
2000 Im Januar überträgt die Schunk GmbH die Dampfmaschine Nr. 7 einschließlich Gebäude und Grundstück an den Geschichts -und Hüttenmuseumsverein Thale am Harz e.V.

2000/2001 Der Verein beginnt eine Projektkonzeption zu entwickeln mit dem Ziel die Dampfmaschine als Teil des Museums den Besuchern in Bewegung zu zeigen. Die Bundesanstalt für Arbeit genehmigt zwei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, in denen ein Sanierungskonzept mit Kostenschätzung entwickelt wird und Sicherungsmaßnahmen am Gebäude und der Dampfmaschine vorgenommen wurden. Das Landesamt für Denkmalschutz und die Untere Denkmalschutzbehörde geben durch Konsultationen vor Ort Unterstützung.

2001 Vorstellen des Projektes im Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt, beim Museumsverband Sachsen-Anhalt e.V. und der Stiftung der Kreissparkasse Quedlinburg

2002 Erstellen der Baugutachten, Anträge auf Fördermittel und Erhalt der Baugenehmigung

2003 August bis Dezember 1. Großförderprojekt „Präsentation der Dampfmaschine Nr. 7 als Teil des Hüttenmuseums Thale – Rekonstruktion, Sanierung und Erweiterung des Dampfmaschinengebäudes“
Das Projekt wird gefördert durch das Land Sachsen-Anhalt, die Bundesanstalt für Arbeit, die Lotto Sachsen-Anhalt GmbH und die Stiftung Kreissparkasse Quedlinburg.
Die Arbeiten werden von der dazu gebildeten ARGE, die aus den Firmen EPESTA Stahlbau GmbH und HTI GmbH besteht, ausgeführt.

2004 Sanierung der zwei Fenster auf der Südseite und von zwei Fenstern auf der Westseite

2004 Mit einem Frühlingsfest an der Dampfmaschine (18. April) wird der gelungene Abschluss des 1. Großförderprojektes 2003 gefeiert

2005 Sanierung der restlichen Fenster der Westseite, Ausbau des Tores auf der Westseite

2005 Montage des Denkmals Emailwandbild (1986 bis 2001 am dann abgerissenen Lehrlingswohnheim) „300 Jahre EHW“ von Prof. Willi Neubert an die Ostseite des Dampfmaschinengebäudes; Feierliche Einweihung am 3. Juni 2005

2006 Abschluss der Sanierungsarbeiten am Dampfmaschinengebäude, Vorarbeiten für das 2. Großförderprojekt „Präsentation der Dampfmaschine Nr. 7 als Teil des Hüttenmuseums Thale – Restaurierung und Reaktivierung der Heißdampfmaschine“; Beantragung von Fördermitteln

2007 Beginn des 2. Großförderprojektes mit dem Bauabschnitt I von Juli bis Dezember

2008 Fortsetzung des 2. Großförderprojektes mit dem Bauabschnitt II und Abschluss der Restaurierung und Reaktivierung der Heißdampfmaschine im Dezember
Das Projekt wird gefördert vom Land Sachsen-Anhalt, der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Land Sachsen-Anhalt gemeinsam mit der Harzsparkasse, von Lotto Sachsen-Anhalt, der Stadt Thale, der Schunk GmbH und den Stadtwerken Thale. Die Restaurierungs- und Bauarbeiten werden von den Firmen Büro & Praxis für Metallrestaurierung Erfurt, Maschinenfabrik Thale GmbH und Ermlich & Gehrke GmbH ausgeführt.

2009 Museale Ausgestaltung und Eröffnung des neuen Ausstellungsbereiches Dampfmaschine Nr. 7

Sicherheitshinweis:
Damit die Dampfmaschine in Bewegung gezeigt werden kann ist eine Mindestaußentemperatur von 8°C notwendig!